Duale Studiengänge – Lernen für die Praxis

Egal, ob Lehre oder Studium – Unternehmen legen zunehmend Wert auf eine praxisnahe Ausbildung ihrer Nachwuchskräfte. Hochschulen versuchen diesen Anforderungen durch duale Studiengänge gerecht zu werden. Nachdem die Zahl der Studienanfänger in dualen Studiengängen zwischen 2008 und 2011 um mehr als 50 Prozent gestiegen ist, ging sie 2012 erstmals leicht zurück.

Der Rückgang bei den dualen Studiengängen entspricht der Entwicklung der allgemeinen Studienanfängerzahlen, die 2012 ebenfalls rückläufig waren. Auch der Ausbau der dualen Studienangebote geht nicht mehr im gleichen Tempo voran wie in den Jahren zuvor. Zwischen 2005 und 2011 stieg die Anzahl grundständiger dualer Studiengänge um jährlich mehr als acht Prozent von 545 auf 879. Im Jahr 2012 sind nur 30 neue Angebote hinzugekommen, eine Erhöhung um nur noch 3,5 Prozent.

Vorreiter Baden-Württemberg

Der Bundesländervergleich zeigt, dass das duale Studium in Deutschland an Hochschulen (ohne Berufsschulen) unterschiedlich weit verbreitet ist. Das Bundesland, das das duale Studienmodell als erstes eingeführt hat, ist auch heute noch Vorreiter: Baden-Württemberg. Von den 20.200 Studienanfängern in dualen Studiengängen in Deutschland haben sich 2012 etwas weniger als die Hälfte, nämlich über 9.000, an Hochschulen in Baden-Württemberg eingeschrieben. Zusammen mit dem Saarland und Berlin gehört Baden-Württemberg damit zu den Bundesländern mit dem größten Angebot: In Berlin beginnen 8 Prozent, in Baden-Württemberg elf Prozent und im Saarland sogar 17 Prozent der Erstsemester ein duales Studium.

In den anderen Bundesländern hat das duale Studienmodell eine weitaus geringere Bedeutung: In Schleswig-Holstein und Sachsen liegt der Anteil der dualen Studienanfänger beispielsweise bei weniger als 1,5 Prozent. Es besteht also erhebliches Potenzial, das Angebot an dualen Studiengängen auszubauen und auf das Niveau der drei Vorreiterländer anzuheben.

Baden-Württemberg ist bei dem Ausbau des dualen Studiums auch im Vergleich zu Berlin oder dem Saarland einen Sonderweg gegangen. Zunächst hat das Land flächendeckend Berufsakademien eingerichtet, die danach unter einem Dach zusammengefasst und in eine Hochschule neuen Typs umgewandelt wurden: die Duale Hochschule Baden-Württemberg. Nach einer Auswertung des Hochschulkompasses ist diese Hochschule für jeden siebten dualen Studiengang in Deutschland verantwortlich.

Fachhochschulen setzen auf duale Studiengänge

In anderen Bundesländern wird die Entwicklung vor allem durch Fachhochschulen vorangetrieben. Nach einer Auswertung der AusbildungPlus-Datenbank des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) haben Fachhochschulen ihren Anteil an dualen Studiengängen von knapp 40 Prozent im Jahr 2005 auf knapp 60 Prozent im Jahr 2012 gesteigert. Bei dieser Entwicklung spielt die Umwandlung von Berufsakademien in Fachhochschulen eine Rolle, da dadurch der Anteil der dualen Studiengänge an Berufsakademien von 51 Prozent (2005) auf 15 Prozent (2012) abgenommen hat.

Private Anbieter vorne

Anders als in Baden-Württemberg wird die Expansion des dualen Studiums in anderen Bundesländern wesentlich von privaten Hochschulen mitgetragen. Die Datenbank des Hochschulkompasses, die zwar keine vollständige Datenerhebung beinhaltet, aber Trends aufzeigen kann, hat im Januar 2014 über 200 duale Studiengänge privater Anbieter verzeichnet. Damit haben diese einen Anteil von über 21 Prozent an allen dualen Studiengängen.

Im Portfolio der privaten Hochschulen spielen duale Studiengänge eine wichtige Rolle: Jeder siebte Studiengang von privaten Hochschulen ist dual, dagegen nur jeder zwanzigste von staatlichen Hochschulen. Dies ist ein Grund, weshalb Berlin – eine Hochburg privater Hochschulen – so viele duale Studierende vorweisen kann. Der Hochschulkompass verzeichnet in der Hauptstadt 58 duale Studiengänge von privaten und nur zehn von staatlichen Hochschulen. Der Anteil der Privathochschulen in Berlin liegt damit bei 85 Prozent. In Baden-Württemberg dagegen werden 90 Prozent der dualen Studiengänge an staatlichen Hochschulen angeboten.

Empfehlung

Bisher hat sich das duale Studium flächendeckend nur in den drei Bundesländern Baden-Württemberg, Saarland und Berlin durchgesetzt. Um auch in allen anderen Bundesländern das Angebot zu erhöhen, sollten sich Landesministerien und Hochschulen in den kommenden Jahren konkrete Ziele für den Ausbau des dualen Studienangebots setzen.

Mehr Hochschulen – insbesondere die Universitäten – sollten sich stärker für duale Bildung und Forschung profilieren. Das kann besonders gut gelingen, wenn sie eng mit Unternehmen zusammenarbeiten und sich zu einem Netzwerk von dualen Leuchttürmen zusammenschließen. Bund und Länder sollten durch ein bundesweites Förderprogramm diese Leuchttürme identifizieren und unterstützen. Auch sollten Hochschulen ein duales Studienangebot nicht nur für die Erstausbildung, sondern auch für die akademische Weiterbildung vorhalten.

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