Future-Skills-Bedarf: Die Rolle der Unternehmen

Hochschul-Bildungs-Report 2020
​Jahresbericht 2019

  • Die Unternehmen in Deutschland stehen vor zwei Herausforderungen: genügend Personal mit technologischen Skills zu rekrutieren und gleichzeitig mittels Weiterbildung neue überfachliche Fähigkeiten der bestehenden Belegschaft zu entwickeln.
  • Die Unternehmen in Deutschland wollen den Umfang der Weiterbildung pro Mitarbeiter in fünf Jahren um ein Drittel ausweiten und die Anzahl der Weiterbildungstage auf fünf Tage erhöhen.
  • Unternehmen wollen das informelle Lernen am Arbeitsplatz deutlich ausweiten.

Künftige Herausforderungen für die Personalarbeit

Die Zahlen und Fakten haben gezeigt, wie und in welchem Umfang künftig in der Arbeitswelt neue fachliche und überfachliche Fähigkeiten erforderlich sind. Sie vermitteln einen Eindruck davon, mit welch großen Herausforderungen sich Unternehmen in den Bereichen Personalentwicklung und Personalrekrutierung in den kommenden Jahren konfrontiert sehen. Interviews mit Personalverantwortlichen zeigen: Die Mehrzahl der Unternehmen reagiert auf diese Herausforderung mit einer Ausweitung und Differenzierung ihrer Rekrutierungsstrategien. Neben formalen Abschlüssen werden für das jeweilige Unternehmen relevante Mikrokompetenzen bedeutsamer. In den USA haben zuletzt 15 große Firmen sogar den College-Abschluss als formale Einstellungsvoraussetzung abgeschafft. Auswahlentscheidend ist dort fortan das Screening von teils zertifizierten, teils informell erworbenen Qualifikationen innerhalb von zunehmend individualisierten Kompetenzportfolios. Das macht den Auswahlprozess für die Unternehmen aufwendiger und komplexer. Allerdings kommen zunehmend innovative Formate und Instrumente zum Einsatz, mit denen die technischen Möglichkeiten der Digitalisierung nutzbar gemacht werden.

Aufwendiger wird der Rekrutierungsprozess vor allem auch für den Bereich der technischen Spezialisten. Hier ist ein deutlicher Trend zu einem globalen Arbeitsmarkt zu erkennen, auf dem Unternehmen zunehmend Mitarbeiter über Länder- und Sprachgrenzen hinweg rekrutieren. Dies erfordert zugleich neue Onboarding-Strategien: Interne passgenaue Nachqualifizierungen zum Zeitpunkt der Rekrutierung und kulturelle Integrationsprogramme gleich nach dem Einstieg werden an Bedeutung gewinnen.

Zwar war es für Unternehmen noch nie einfach, neues Personal mit den richtigen Fähigkeiten in ausreichender Anzahl zu finden. Besonders schwierig gestaltet sich dies jedoch gegenwärtig für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in Deutschland, die traditionell nicht zum IT-Sektor zählen, aber zunehmend Mitarbeiter mit technologischen Fähigkeiten benötigen. So ist es für KMU und selbst für sogenannte Hidden Champions aufgrund ihrer geringen Größe und eingeschränkten Bekanntheit oft schwierig, eine entsprechende überregionale Sichtbarkeit zu erzielen und als attraktiver Arbeitgeber bei Absolventen und Fachkräften wahrgenommen zu werden.

Daneben ist selbst für größere Unternehmen, die nicht zum IT-Sektor gehören, die verstärkte Suche nach Mitarbeitern mit technischen Spezialkenntnissen eine besondere Herausforderung. Diese Unternehmen gehören für Absolventen von IT-Studiengängen aufgrund ihrer bisherigen Geschäftsmodelle nicht zu den typischen Arbeitgebern, stehen aber mit ihnen im direkten Wettbewerb um die besten Talente. Diese etablierten Unternehmen sind in besonderem Maße auf Aktivitäten in den Bereichen Employer Branding und Talentmanagement angewiesen, mit denen sie die IT- Relevanz ihrer Geschäftsfelder in den Vordergrund rücken und Arbeitsweisen der New Economy in ihre Unternehmenskultur integrieren können.

Viele Unternehmen aus den zuletzt genannten Bereichen haben diese Herausforderungen bereits erkannt und orientieren sich bei der Gestaltung ihrer Arbeitsumgebungen und Prozesse zunehmend an Elementen der Start-up-Kultur. In den vertiefenden Experteninterviews wurden hierfür häufig flexible Arbeitszeiten, agile Arbeits- und Co-Working-Kulturen sowie Angebote zu ortsungebundener Arbeit und Homeoffice als Beispiele genannt. In großen Unternehmen ist zudem seit Längerem ein Trend zum Aufbau konzerneigener Start-ups zu beobachten, die sich als Ausweis von Dynamik und neuen Geschäftsmodellen gezielt an IT-Spezialisten richten. Solche Arbeitsplätze kombinieren idealerweise die Dynamik eines Start-ups mit modernen Arbeitsbedingungen, der Arbeitsplatzsicherheit und den Aufstiegsmöglichkeiten in einem internationalen Großunternehmen. Diese Kombination gibt dem Unternehmen die Chance, als besonders attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden.

Eine zweite Strategie der Unternehmen, um die Future-Skills-Lücke zu schließen, ist ein erheblicher Ausbau der betrieblichen Weiterbildung, denn auch die bestehende Belegschaft benötigt neue überfachliche Fähigkeiten. Die Weiterbildung von Mitarbeitern zielt dabei auf die gesamte Bandbreite von Future Skills – von technologischen Fähigkeiten über digitale Grundfähigkeiten bis hin zu klassischen Fähigkeiten – und nutzt innovative Weiterbildungsformate.

Angesichts der skizzierten Entwicklungen werden Bedeutung und Umfang der Personalabteilungen in Zukunft deutlich wachsen.

 

Personalentwicklung: Mehr Zeit für Weiterbildung

Die Schulung und Weiterbildung von Mitarbeitern ist ein wichtiger Hebel, um die Belegschaft von Unternehmen mit den erforderlichen Fähigkeiten auszustatten. In einer Umfrage des McKinsey Global Institute unter Führungskräften aus dem Jahr 2018 sind sogar 75 Prozent der Teilnehmer der Meinung, dass die Qualifizierung bestehender Mitarbeiter die in Unternehmen vorhandene Qualifikationslücke mindestens zur Hälfte schließen wird. Dabei kann die Weiterbildung von Mitarbeitern auf die gesamte Bandbreite von Future Skills abzielen – von technologischen Fähigkeiten wie nutzerzentriertem Designen bis hin zu digitalen Grundfähigkeiten wie Digital Literacy. Während ein Teil der Fähigkeiten über Schulungen vermittelt werden muss (formales Lernen, zum Beispiel IT-Schulungen), lassen sich andere Fähigkeiten über das Lernen im Prozess der Arbeit (on the Job) erwerben. Zu diesem informellen Lernen gehört zum Beispiel, dass die Fähigkeit zum kollaborativen Arbeiten über Projekte erlernt wird, in denen neue Arten der Zusammenarbeit zum Einsatz kommen.

Die Analysen von Stifterverband und McKinsey zeigen: Weiterbildung wird nicht nur an Bedeutung gewinnen, sondern zugleich ihren Charakter verändern. Sie setzt früher ein (Onboarding-Phase), wird quantitativ ausgeweitet, erhält eine steigende Relevanz in Arbeitskontrakten und begleitet ein Arbeitsleben deutlich systematischer als bisher. Auch im Bereich der Weiterbildung wird Digitalisierung eine zunehmende Rolle spielen. Onlineformate und -plattformen haben eine immer größere Bedeutung für neuartige interne und externe Aktivitäten der Peer-Weiterbildung und des Wissensaustauschs. Unternehmen produzieren zunehmend digitale Qualifikationsmodule und teilen diese mit anderen Unternehmen auf Onlineplattformen. Lehrinhalte privater und öffentlicher Bildungsanbieter können auf solchen Plattformen integriert und von jedermann abgerufen werden (LinkedIn; Academy Cube). Große Unternehmen experimentieren darüber hinaus zunehmend mit firmeninternen Lerngruppen (Corporate Learning Communities). Bei spielerisch gestalteten Events treffen sich Mitarbeiter außerhalb von Hierarchien und Abteilungen in neuen Lernumgebungen und vernetzen sich zu Lern-Communities. Darin werden die eigenen Arbeitsweisen besprochen und Problemlösungen gemeinschaftlich erarbeitet.

Laut den Teilnehmern der Umfrage werden bereits heute etwa 60 Prozent des Weiterbildungsbudgets für Maßnahmen ausgegeben, die speziell auf Future Skills abzielen. Der Anteil der Unternehmen, die in ihrer Weiterbildung einen Schwerpunkt auf Future Skills legen, wird in den nächsten fünf Jahren weiter steigen – von 65 auf 75 Prozent. Im Hinblick auf die für formale Weiterbildungsmaßnahmen verfügbare Zeit geben deutsche Unternehmen an, dass ihre Mitarbeiter heute 3,7 Tage pro Jahr für Weiterbildungen aufwenden; zugleich gehen sie davon aus, dass die Weiterbildungszeit über die nächsten fünf Jahre auf durchschnittlich fünf Tage pro Jahr steigen wird.

Es zeichnet sich ab, dass durch die Veränderung der Rahmenbedingungen (Weiterbildungsanreize, neue Finanzierungsmodelle, tarifliche Vereinbarungen etc.) zukünftig auch die individuelle Arbeitnehmernachfrage nach kontinuierlicher Weiterbildung noch einmal deutlich zunehmen wird. Aufgabe der Personalabteilungen und der Führungskultur wird es daher sein, in regelmäßigen Mitarbeitergesprächen den Qualifikationsbedarf von Unternehmensabteilungen und Arbeitnehmerinteressen genauer als bisher abzugleichen – und dafür flexible und effiziente Umsetzungsformate zu finden. Parallel werden auch das Controlling und die Wirkungsmessung von Bildungsmaßnahmen deutlich ausgeweitet und systematisiert werden.

Die erwartete Angebotssteigerung bei Seminaren und Trainings wird jedoch kaum ausreichen, um den hohen Weiterqualifizierungsbedarf bei Future Skills zu decken. Selbst bei fünf Tagen Weiterbildung pro Jahr werden immer noch lediglich zwei Prozent der verfügbaren Arbeitszeit von Vollzeitmitarbeitern für Weiterbildung genutzt. Unternehmen setzen deshalb zunehmend auf die zeitliche Ausweitung und die kontinuierliche Integration von Weiterbildung in den praktischen Arbeitsalltag der Beschäftigten: Sie setzen auf das informelle Lernen. Ein deutscher Großkonzern beispielsweise reserviert bei einem Teil der Mitarbeiter einen Tag pro Woche für persönliche Weiterentwicklung, also rund 20 Prozent der Arbeitszeit.

Dieser Tag ist vorgesehen für Trainings und die Arbeit an Projekten, die jenseits der Routinetätigkeiten der Mitarbeiter liegen und neue Kompetenzen fördern sollen. Das Unternehmen vermeidet es bewusst, Start-up-Strukturen jenseits der eigenen Funktionen aufzubauen. Es geht mit diesem Modell den Weg, möglichst viele Mitarbeiter in kollaborative Projekte und neue digitale Interaktionsformen einzubinden, um nach und nach eine Kulturveränderung in allen Funktionen des Unternehmens herbeizuführen. Organisationsentwicklung und Personalentwicklung bedingen sich hier gegenseitig.

 
Eine Vorbedingung für den gezielten Auf- und Ausbau von Future Skills im Unternehmen ist die Erfassung von Status und Bedarf an diesen Fähigkeiten in der gesamten Organisation ebenso wie bei den einzelnen Mitarbeitern – auch im Sinne eines begleitenden Monitorings zu den eingeleiteten Rekrutierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen. Auch dies erweist sich für viele Unternehmen als schwierige Aufgabe. Insbesondere beim Training on the Job fehlen Informationen über die erworbenen Kompetenzen ihrer Mitarbeiter und die noch zu deckenden Bedarfe. Das Kompetenzmanagement ist bislang wenig digitalisiert, doch auch hierbei können digitale Lösungen unterstützen.

Ein Praxisbeispiel dafür, wie Weiterbildung beim Thema Future Skills erfolgreich gelingen kann, liefert ein großes IT-Unternehmen: Hier wurde zunächst in einem Strategieprozess ein Set erfolgsentscheidender Fähigkeiten definiert. In diesen Bereichen wurden dann spezifische Angebote für Mitarbeiter entwickelt. Angebote können sowohl Trainings als auch für den Kompetenzaufbau geeignete Projekte sein. Nach Abschluss eines neuen Projektes, das diese Skills erfordert, oder nach Teilnahme an einer Weiterbildung wird das Qualifikationsprofil des jeweiligen Mitarbeiters automatisch mit diesen neuen Fähigkeiten aktualisiert. Danach empfiehlt das System, welche Art von Projekten oder Weiterbildungen für die persönliche Entwicklung des Mitarbeiters als Nächstes vorteilhaft wären. Im Gegensatz zu Plattformen mit Entscheidungsalgorithmen ersetzt die Technik bei diesem Vorgehen jedoch nicht den Menschen. Die Entscheidung, welche Fähigkeiten von ausschlaggebender Bedeutung sind, wird von den Verantwortlichen im Unternehmen und auch von den Mitarbeitern selbst getroffen – abgeleitet von den Entwicklungen in den jeweiligen Geschäftsfeldern. Der hohe Grad der Automatisierung sorgt allerdings dafür, dass die beteiligten Mitarbeiter sich auf diese Fähigkeiten konzentrieren und fokussieren können, während die technische Unterstützung in zuvor definierten Themenfeldern das Monitoring und die Auswahl passender Weiterbildungsangebote übernimmt.

 

Zwischenfazit und Empfehlungen

Um die Future-Skills-Herausforderung zu bewältigen, sollten Unternehmen auf die Vielfalt neuer, durch die Digitalisierung verfügbarer Instrumente und Formate zurückgreifen – bei der Auswahl neuer Mitarbeiter ebenso wie bei der Weiterbildung der bestehenden Belegschaft. Wenn es um die Rekrutierung von Technologie-Spezialisten geht, sollten zunehmend Job-Matching-Plattformen einbezogen werden. Onlinespiele können eingesetzt werden, um bei allen Bewerbern digitale und nichtdigitale Schlüsselqualifikationen abzuprüfen, wenngleich natürlich auch das analoge Bewerbungsgespräch nicht wegfallen wird.

Die Qualifizierung der bestehenden Mitarbeiter mit Blick auf Future Skills erfordert mehr Weiterbildungstage als bisher – aber auch Ansätze, Schlüsselqualifikationen wie agiles Arbeiten oder Adaptionsfähigkeit on the Job zu erlernen und mit entsprechenden Projekten die Organisationsentwicklung insgesamt zu forcieren. Dieser Prozess einer Hand in Hand gehenden Personal- und Organisationsentwicklung kann über Plattformen organisiert werden, die Transparenz über erworbene Future Skills in der Belegschaft herstellen und die Kompetenzgewinne und -bedarfe systematisch erfassen.

 

Bedeutung digitaler Tools zur Kompetenzerfassung nimmt stark zu

Die Digitalisierung stellt die Personalabteilungen nicht nur vor große Herausforderungen bei der Rekrutierung und Weiterbildung von Mitarbeitern. Sie bietet für die Personalgewinnung auch Chancen beim Bewältigen dieser Herausforderungen und wird die Personalarbeit ebenso stark transformieren wie andere Funktionsbereiche.

Personalabteilungen können bei der Personalauswahl auf neue technische Möglichkeiten zurückgreifen, die einen wesentlich größeren Automatisierungsgrad erreichen. Sie können das bestehende Portfolio von Auswahlinstrumenten ergänzen und auch Fähigkeiten erfassen, die bisher kaum im Rahmen von Auswahlprozessen zu beurteilen waren. Computergestützt werden fundierte Entscheidungen für oder gegen Kandidaten möglich. Das erleichtert Personalabteilungen die Auswahl der Mitarbeiter, die über den zukünftigen Erfolg mitentscheiden. Vor allem in den Bereichen Programmieren und Webentwicklung sind beispielsweise Code Challenges und Live Coding Tests mittlerweile Standardelemente im Auswahlverfahren.

Der Trend zur Automatisierung der Auswahlinstrumente schlägt sich auch in unseren Analysen nieder: Wie die Umfrage unter 607 deutschen Unternehmen zeigt, werden digitale Auswahltests, Spiele und Plattformen wie LinkedIn oder GitHub in den nächsten Jahren an Relevanz gewinnen. Heute nutzt nur knapp jedes siebte Unternehmen digitale Auswahltests und -spiele, in fünf Jahren wird es jedes vierte sein. Jedes dritte Unternehmen wird Bewerberprofile auf Skill-Plattformen analysieren.

Bei den Großunternehmen sind die Zahlen sogar noch höher: Jedes zweite (52 Prozent) wird in Zukunft auf diese Auswahlinstrumente setzen. Selbst wenn sie ausschließlich für Akademiker zum Einsatz kommen, werden in fünf Jahren jährlich rund 280.000 Einstellungen mit Unterstützung von Onlinetools vorgenommen werden.Jedes zweite Unternehmen wird in Zukunft Vorstellungsgespräche digital durchführen. Dafür dürfte vor allem die zunehmende Internationalisierung der Personalrekrutierung verantwortlich sein. Aber auch klassische Verfahren wie Assessment-Center (+33 Prozent) und die automatisierte Vorauswahl von Bewerbern auf Basis eingereichter Unterlagen (+30 Prozent) nehmen deutlich an Bedeutung zu, während analoge Vorstellungsgespräche (–15 Prozent) weniger wichtig werden. Die bestehenden Methoden der Personalauswahl sind und bleiben also wichtig. Die Digitalisierung ermöglicht es in erster Linie, mehr Kontextinformationen über Bewerber zu sammeln und diese auf Basis digitaler Instrumente automatisch auszuwerten.

Doch wie können diese neuen digitalen Instrumente konkret dazu beitragen, die Future-Skills-Herausforderung zu lösen? Für die Rekrutierung von Technologie-Spezialisten gewinnen Job-Matching-Plattformen zunehmend an Bedeutung, die auf dem amerikanischen Markt bereits in großer Zahl vertreten sind und gezielt auf den Nachweis von technologischen Fähigkeiten zielen.

Plattformen wie zum Beispiel Portfolium ermöglichen es den Nutzern, mit geringem Aufwand Arbeitsproben auf die Plattform zu laden, etwa Hausarbeiten oder Projektarbeiten. Diese Einträge werden anschließend automatisch analysiert und mit Informationen über eingetragene Berufserfahrungen und die hierbei erworbenen Fähigkeiten verknüpft. Durch ein systematisches Matching dieser Millionen von Nutzerprofilen mit veröffentlichten Stellenausschreibungen ergeben sich umfangreiche technische Qualifikationsprofile, auf deren Basis einzelne Kandidaten mit geeigneten Unternehmen in Kontakt gebracht werden können.

Daneben werden auch Plattformen wie Klout Score (inzwischen nicht mehr am Markt aktiv) wichtiger. Diese beurteilen die Reichweite und Wirkung der Social-Media-Aktivitäten einer Person. Diese Informationen ermöglichen HR-Abteilungen eine erste Einschätzung der Eignung dieser Person für spezifische Jobs mit Bezug zu Social-Media-Marketing. Im Bereich IT hat sich mittlerweile mit GitHub eine Standardplattform für Arbeitsreferenzen etabliert. Die befragten Unternehmen sehen in diesen Arbeitsproben einen wichtigen Nachweis von Fähigkeiten. Der Mehrwert, der von den beschriebenen Plattformen ausgeht, liegt in der mit wenig manuellem Aufwand verbundenen Einschätzung der Fähigkeiten eines Kandidaten. In vergleichbarem Umfang wäre dies allein auf der Basis der Analyse einer klassischen Bewerbung nicht möglich, so dass mit der Verbreitung dieser Plattformen ein deutlicher Transparenzgewinn über Qualifikationsprofile für Unternehmen verbunden ist.

Weiteres digitales Rekrutierungspotenzial besteht auch durch die Anreicherung fachlicher Auswahlinstrumente um spielerische Elemente (Gamification): Diese spielerischen Ansätze bieten besondere Möglichkeiten, die überfachlichen Fähigkeiten von Kandidaten automatisiert zu beurteilen. Sie schaffen es zudem, durch spielerische Aufgabenstellungen konkrete Praxissituationen zu simulieren und die Bewerber bei der Suche nach Lösungen zu beobachten. Ein prominentes Beispiel für den Gamification-Ansatz im Bereich klassischer überfachlicher Skills ist das Spiel Wasabi Waiter des Silicon-Valley-Start-ups Knack. Hier schlüpfen Spieler in die Rolle eines Kellners, der dafür sorgen muss, dass das Sushi rechtzeitig auf dem Tisch steht, neue Gäste einen Platz finden, Teller gespült sind und Ordnung gehalten wird. Über einen Algorithmus wird aus den Daten, die während des Spiels erfasst werden, ein individuelles Qualifikationsprofil erstellt, beispielsweise zu Problemlösungsfähigkeit, Kreativität, sozialer Intelligenz und Selbstkontrolle. Das Spiel kann, entsprechend angepasst, für die Auswahl von Kandidaten in einer Vielzahl von Bereichen eingesetzt werden.

Der Hochschul-Bildungs-Report 2020 ist eine Initiative von